Wenn Du in die Hochzeitsfotografie einsteigen möchtest, brauchst Du ein überzeugendes Portfolio. Klar. Aber nicht irgendwelche Fotos. Idealerweise sollten es echte, emotionale Bilder von Paaren oder Hochzeiten sein. Wir haben uns damals genau so ein Portfolio über freie Projekte aufgebaut – komplett unbezahlt, dafür komplett frei in der Umsetzung. Wir haben entschieden, wen wir fotografieren, wann und wo. Nur so machen freie Projekte wirklich Sinn.
Style Shoots? Haben wir nur wenige gemacht. Nicht, weil sie per se schlecht sind, sondern weil sie einfach nicht zu uns passen.
Vor ein paar Jahren waren Style Shoots in der Hochzeitsbranche regelrecht verschrien. Der Vorwurf: Sie zeigen nichts Echtes. Keine wahren Emotionen, keine echten Paare, keine realen Geschichten. Nur Inszenierung. Und klar, das stimmt auch ein Stück weit.
Daraus entstand sogar eine Gegenbewegung. Fotograf:innen, die sich bewusst entschieden haben, ausschließlich das Echte festzuhalten. Sie greifen am Hochzeitstag nicht ein, wollen dokumentieren, nicht dirigieren. Quasi unsichtbar sein.
Aber: Niemand ist unsichtbar. Nicht auf einer Hochzeit. Und ganz sicher nicht mit einer Kamera in der Hand.
Auch wenn wir versuchen, dokumentarisch zu fotografieren, treffen wir unzählige Entscheidungen. Wir wählen bewusst Perspektiven, suchen nach Licht, entscheiden, wann wir den Auslöser drücken. Gäste nehmen uns wahr – und sie reagieren auf unser Verhalten. Unsere Präsenz verändert das Geschehen. Immer.
Jedes Foto ist ein ausgesuchter Moment.
Ich sehe durch die Augen der Fotograf:innen. Und damit durch ihre Sicht auf die Welt.
Das eigentliche Problem mit Style Shoots ist nicht, dass sie inszeniert sind. Sondern dass sie manchmal als echte Hochzeiten ausgegeben werden. Das ist unehrlich – und bringt Paare wie auch Kolleg:innen auf eine falsche Fährte.
Denn egal ob inszeniert oder dokumentarisch: Es gibt keine objektive Realität in der Fotografie. Alles ist eine Interpretation.
Wir können uns der Realität annähern. Indem wir möglichst unaufdringlich arbeiten. Nicht eingreifen. Farben natürlich halten. Aber wir beeinflussen das Ergebnis trotzdem. Immer.
Allein die Entscheidung, welchen Grünton der Baum im Hintergrund haben soll, ist ein Eingriff. Der Baum sah in echt anders aus – aber niemand erinnert sich nach Jahren mehr daran. Was bleibt, ist das Foto. Und das wird zur Erinnerung.
Unsere Fotos zeigen nie die Realität. Sie zeigen unsere Sicht auf sie.
Deshalb steckt in jedem Bild ein Stück von uns. Jedes Foto ist auch ein Selbstporträt.
Wir haben den Anspruch, Hochzeiten von innen heraus zu fotografieren. Nicht als stille Beobachter, sondern als Teil des Ganzen. Menschen reagieren auf unsere Energie, spiegeln sie. Genau das macht emotionale Fotos erst möglich.
Warum also dieser Drang nach absoluter Realität?
Wenn ich einen Film schaue, will ich keine nüchterne Wahrheit sehen. Ich will eine gute Geschichte. Eine, die mich berührt. Die bleibt.
Genauso ist es mit Fotos. Sie erzählen Geschichten. Und jede:r Fotograf:in erzählt sie anders. Genau das ist unsere Stärke. Unsere Handschrift. Unsere Unverwechselbarkeit.
Denn nur wer sich unterscheidet, wird gesehen. Und gebucht.
Die Frage ist nicht, ob Du als Fotograf:in Dinge verändern darfst – sondern wie sehr. Wann ist es zu viel Realität? Wann zu wenig? Diese Balance ist Teil Deiner Arbeit. Teil Deiner Interpretation.
Fazit: Jedes Foto ist eine Interpretation
Fotografie ist keine objektive Abbildung der Realität. Sie ist eine künstlerische Sprache. Mit ihr können wir betonen, weglassen, gestalten. Wir treffen unzählige Entscheidungen, bevor ein Bild entsteht. Und genau diese Entscheidungen machen ein Foto zu dem, was es ist.
Dazu kommt: Auch Betrachter:innen bringen ihre eigene Sicht mit. Ihre Erfahrungen, Gefühle und Erinnerungen. Ein und dasselbe Bild kann bei jedem Menschen etwas anderes auslösen.
Ein Foto ist nie einfach nur ein Foto. Es ist immer Interpretation. Ausdruck. Kommunikation.
Und genau das ist die Magie.
Häufige Fragen zum Thema Interpretation in der Hochzeitsfotografie
Ist dokumentarische Hochzeitsfotografie wirklich objektiver?
Sie kommt der Realität näher, weil sie weniger eingreift. Aber auch hier trifft der oder die Fotograf:in Entscheidungen, die das Bild beeinflussen. Objektiv ist sie deshalb trotzdem nicht.
Sollte ich als Anfänger:in Style Shoots machen?
Ja, wenn sie ehrlich als solche kommuniziert werden und Dir helfen, Dein Portfolio aufzubauen. Wichtig ist, dass Du Deinen eigenen Stil entwickelst – egal ob inszeniert oder echt.
Wie finde ich die richtige Balance zwischen Realität und künstlerischer Freiheit?
Indem Du Dir bewusst machst, was Du zeigen möchtest. Und warum. Deine Handschrift entsteht durch Deine Entscheidungen – nicht durch Regeln.