Ich habe vor kurzem den Film Perfect Days von Wim Wenders gesehen – und selten hat mich ein Film so ruhig und gleichzeitig so tief bewegt. Vielleicht, weil er mich genau dort abgeholt hat, wo ich als Fotograf auch oft stehe: in dieser stillen Beobachtung des Alltäglichen.
Der Film erzählt von Hirayama, einem Mann, der in Tokio öffentliche Toiletten reinigt. Das klingt im ersten Moment unspektakulär, fast banal – aber gerade darin liegt die Schönheit. Wenders nimmt sich Zeit. Er zeigt die Rituale dieses Mannes, sein Aufstehen, das sorgfältige Falten eines Handtuchs, den Staub in der Sonne, den Klang einer alten Kassette im Auto. Dinge, die man sonst übersehen würde.
Was mich daran so fasziniert, ist diese Langsamkeit. Der Film zwingt dich, dich auf ein anderes Tempo einzulassen. Nichts passiert schnell. Und gerade dadurch beginnt man zu sehen. Man sieht Licht, Formen, Farben – wie sie sich verändern, wenn der Tag vergeht. Man beginnt, die kleinen Unterschiede zu spüren, die im hektischen Alltag verloren gehen.
Ich habe während des Films oft an Fotografie gedacht. Daran, wie ähnlich dieser Prozess ist. Auch in der Fotografie geht es darum, genau hinzusehen, Dinge zu bemerken, die andere übersehen. Das richtige Licht, ein stiller Moment, ein Gesichtsausdruck, der nur für den Bruchteil einer Sekunde da ist. Wenn man das festhalten will, muss man innerlich ruhig werden. Genau das schafft dieser Film.
Wim Wenders hat Perfect Days mit einer kleinen Crew gedreht, mit kompakten Kameras, die ihm die Freiheit gegeben haben, sich mitten in den Alltag Tokios zu bewegen. Man spürt diese Nähe, diese Leichtigkeit. Die Kamera ist immer auf Augenhöhe, nie voyeuristisch, nie wertend. Alles ist durchdacht, aber nichts wirkt inszeniert. Die Farben sind leise, harmonisch, fast poetisch.
Was mich besonders berührt hat, ist, dass der Film keine großen Antworten sucht. Er beobachtet einfach. Und genau das finde ich so inspirierend – auch für meine eigene Arbeit. Nicht immer muss etwas spektakulär sein, um Bedeutung zu haben. Manchmal liegt die größte Tiefe im Einfachen, im Wiederholten, im Gewohnten.
Ich kann nur empfehlen, sich die Zeit zu nehmen, Perfect Days anzuschauen. Kein Film zum „nebenbei schauen“, sondern einer, den man langsam auf sich wirken lassen sollte. Vielleicht mit einem Glas Wein, in Stille, ohne Ablenkung. Und wenn du selbst fotografierst, wirst du vermutlich verstehen, was ich meine: Es ist ein Film, der dich daran erinnert, wie wichtig es ist, still zu werden, um sehen zu können.
Fazit
Perfect Days ist kein Film, der dich laut begeistert. Er flüstert. Er zeigt, wie schön das Leben in seiner Einfachheit sein kann – wenn man hinsieht. Und vielleicht ist genau das die wichtigste Parallele zur Fotografie: dass es nicht auf Geschwindigkeit ankommt, sondern auf Bewusstsein.


