Du kennst sie. Diese Sätze, die in jeder Facebook-Gruppe auftauchen, bei Workshops gedroppt werden oder in Podcasts als ultimativer Geheimtipp verkauft werden. Sie klingen schlau, motivierend, fast schon wie ein Lebensmotto – und bringen dich trotzdem (ohne gute Einordnung) kein Stück weiter.
Hier kommt eine Auswahl der größten Bullshit-Bingo-Klassiker in der Hochzeitsfotografie. Die Sätze, die du garantiert schon gehört hast – und was du stattdessen wirklich brauchst.
„Sei einfach du selbst.“
Wer bin ich denn? Was bedeutet das eigentlich, wenn du gerade erst anfängst und noch gar nicht weißt, wer du als Fotograf bist? „Du selbst“ sein ist super, wenn du schon weißt, wo du hinwillst. Wenn du aber noch mitten im Prozess steckst, brauchst du eher Orientierung als Plattitüden.
Besser: Schau dir an, was dich visuell und menschlich wirklich anspricht. Was begeistert dich an anderen? Was eher nicht? Kopiere die Fotos anderer, nur so lernst du! Nimm das als Startpunkt und entwickle von dort aus deine eigene Handschrift – Schritt für Schritt.
„Du musst nur verkaufen lernen.“
Verkaufen ist wichtig. Aber es ist nicht alles. Wenn dein Portfolio keine Emotionen auslöst oder du unsicher im Umgang mit Menschen bist, bringt dir der beste Sales-Funnel nichts. Und ganz ehrlich: Viele von uns sind nicht selbstständig geworden, um sich wie ein Marktschreier zu fühlen.
Was du brauchst, ist ein ehrliches Verständnis für den Wert deiner Arbeit – und wie du diesen kommunizierst. Das ist kein Verkaufstrick, sondern eine Frage von Klarheit und Vertrauen. In dich. In deine Arbeit. Und in das, was du deinen Paaren bietest.
„Finde deinen Stil.“
Als würde irgendwo ein magischer Stilbaum stehen, an dem du dich nur bedienen musst. Die Wahrheit ist: Stil entwickelt sich nicht über Nacht. Er entsteht durch Praxis. Durch Fehler. Durch Wiederholung. Und ja, auch durch Langeweile und Zweifel.
Du findest deinen Stil nicht – du baust ihn. Je öfter du fotografierst, analysierst und reflektierst, desto klarer wird, was zu dir passt und was nicht. Also weniger Grübeln, mehr Machen.
„Du musst nur deine Preise erhöhen.“
Das ist so ein typischer Schnellschuss. Ja, viele Hochzeitsfotografen nehmen zu wenig. Aber Preise erhöhen ist kein Selbstzweck. Wenn dein Gesamtauftritt nicht stimmig ist – Website, Portfolio, Kundenkommunikation – bringt dir auch ein höherer Preis keine besseren Buchungen.
Preissteigerung funktioniert nur dann, wenn sie Hand und Fuß hat. Und wenn du weißt, warum du teurer wirst. Nicht, weil es jemand auf Instagram gesagt hat, sondern weil dein Angebot gewachsen ist – in Qualität, Struktur und Klarheit.
„Netzwerken ist alles.“
Netzwerken klingt immer nach der ultimativen Geheimzutat. Und ja, gute Kontakte können Türen öffnen. Aber wildes Herumgereiche von Visitenkarten auf Events, bei denen du dich deplatziert fühlst, bringt gar nichts.
Was du brauchst, sind echte Beziehungen. Menschen, mit denen du dich auf Augenhöhe austauschst, die dich verstehen – und mit denen du gerne zusammenarbeitest. Qualität vor Quantität gilt auch beim Netzwerken.
„Du brauchst nur eine Nische„
Die Sache mit der Nische wird oft falsch verstanden. Natürlich hilft es, wenn dein Angebot klar positioniert ist. Aber du musst nicht von Tag eins an wissen, ob du Boho, Burg, Elopement oder Tiny Wedding machst.
Gerade am Anfang ist Ausprobieren wichtig. Du darfst verschiedene Formate, Paare und Settings testen. Deine Nische findet dich oft erst, wenn du genug Erfahrung gesammelt hast. Und selbst dann darf sich das nochmal ändern. Du entwickelst dich weiter – und dein Angebot mit dir.
Fazit: Nicht eine Sache ist entscheidend – sondern das Zusammenspiel
Keiner dieser Tipps ist per se falsch. Die meisten haben ihren Kern irgendwo in der Realität. Aber sie funktionieren eben nicht isoliert. Du brauchst nicht nur einen klaren Stil oder nur gute Preise oder nur ein Netzwerk. Es ist die Kombination, die zählt. Und vor allem: der richtige Zeitpunkt.
Was heute noch nicht passt, kann in einem halben Jahr genau richtig für dich sein. Und umgekehrt. Dein Business ist individuell – und es darf sich verändern. Also hör auf, einzelnen Ratschlägen hinterherzurennen. Fang an, deinen eigenen Weg zu bauen. In deinem Tempo. Mit dem, was jetzt für dich Sinn ergibt.