Ich war viele Jahre nur mit der Kamera für Fotos auf Hochzeiten unterwegs. Irgendwann kam dann immer häufiger die Frage: „Machst du eigentlich auch Videos?“ Meine erste Reaktion war ein klares Nein. Ich dachte, das braucht viel mehr Equipment, viel mehr Zeit und vor allem viel mehr Know-how. Aber irgendwann habe ich gemerkt, dass es auch anders geht. Man kann ein gutes Video machen, ohne sich komplett in ein neues Genre zu stürzen.
In diesem Beitrag möchte ich dir zeigen, wie du als Fotograf zusätzlich ein kurzes Hochzeitsvideo anbieten kannst. Ganz einfach, mit dem, was du ohnehin schon hast: deiner Kamera, deinem Auge und deinem Gespür für den Tag. Genau darum geht es, wir entwickeln das minimal lebensfähigste Videoprodukt, das du sofort umsetzen kannst.
Was ist das „minimal lebensfähigste“ Videoprodukt?
Stell dir vor, du wirst für Fotos gebucht, lieferst wie immer deine Reportage ab – und zusätzlich gibt es ein kurzes Video. Kein klassischer Hochzeitsfilm, sondern ein kleiner Highlight Video. Fast ein neues Genre. Zwei bis drei Minuten lang, eine emotionale Zusammenfassung des Tages.
Du filmst nicht durchgehend. Du sammelst kurze Videosequenzen – zwischen den Fotos, nebenbei, in Momenten, von denen du weißt: Das ist stark. Das funktioniert auch in Bewegung.
So sieht dein Setup aus
Ich arbeite komplett aus der Hand. Kein Gimbal, kein Stativ, kein zusätzliches Licht. Meine Kamera ist mein Werkzeug – egal ob für Fotos oder Video. Wenn ich merke, ein Moment lohnt sich, wechsle ich kurz in den Videomodus, filme zehn oder fünfzehn Sekunden und gehe wieder zurück zu den Fotos.
Wichtig ist, dass du im Log-Format filmst, zum Beispiel C-Log bei Canon. Das gibt dir später mehr Spielraum beim Color Grading. Film in 50 fps, damit du das Material in der Nachbearbeitung verlangsamen kannst. So bekommt dein Video sofort eine cineastische Anmutung. Full HD reicht völlig aus – du musst nicht in 4K drehen.
Ich arbeite außerdem mit automatischem Weißabgleich. Das klingt vielleicht unprofessionell, ist aber bei wechselnden Lichtbedingungen auf Hochzeiten oft die stressfreiste Lösung. Wenn du eine Kamera mit interner Stabilisierung nutzt, etwa die Canon R oder R6, und ein Objektiv mit IS, hast du bereits alles, was du brauchst.
Worauf du beim Filmen achten solltest
Die wichtigste Regel beim Filmen aus der Hand: Bleib stehen. Keine Bewegung beim Filmen. Kein Mitgehen, keine Kamerafahrten. Du bist kein Videograf mit Steadicam, sondern Fotograf mit einer Idee. Also: Anhalten, Kamera in den Videomodus, kurze Szene aufnehmen, fertig.
Damit die Aufnahmen trotzdem lebendig wirken, sollte sich im Bild etwas bewegen. Das kann das Paar sein, das sich umarmt, Gäste, die durchs Bild laufen, oder ein flatternder Schleier. Sag dem Paar ruhig: „Bleibt kurz so stehen“ oder „Könnt ihr das nochmal machen?“ Wenn du freundlich und klar kommunizierst, machen die meisten Paare das gern mit.
Es braucht etwas mehr Aufmerksamkeit und Kommunikation, aber es ist absolut machbar. Und es macht Spaß – vor allem, wenn du nach der Hochzeit siehst, wie viel Wirkung diese kurzen Sequenzen haben können.
Perspektivenvielfalt – so wird dein Video spannend
Was ein kurzes Video wirklich spannend macht, ist Abwechslung. Ich versuche immer, aus ganz verschiedenen Blickwinkeln und Entfernungen zu filmen. Weite Totalen, kleine Details, Close-ups. So kann ich später im Schnitt von einer großen Szene direkt auf einen intimen Moment springen – das gibt dem Video Dynamik und Tiefe.
Unterschiedliche Brennweiten helfen dabei enorm. Ich arbeite gern mit längeren Brennweiten, um nah ranzukommen, ohne mich physisch bewegen zu müssen. So kann ich kleine Gesten oder Details wie einen flatternden Schleier, eine Berührung am Arm oder ein Lächeln ganz groß inszenieren.
Du brauchst also gar nicht viele Szenen, aber du brauchst verschiedene Perspektiven. Das ist der Schlüssel.
Fazit
Ein gutes Hochzeitsvideo muss kein großes Projekt sein. Du brauchst kein neues Equipment, keine zweite Person und keine komplett andere Arbeitsweise. Alles, was du brauchst, ist der Mut, den Videomodus an deiner Kamera zu nutzen und ein paar klare Entscheidungen im Vorfeld zu treffen.
Das minimal lebensfähigste Videoprodukt besteht aus kurzen, ruhigen Clips. Gefilmt aus der Hand, in Log, mit 50 fps, in Full HD. Ohne Schnickschnack, aber mit Gefühl. Wenn du Lust hast, etwas Neues zu probieren, ohne gleich alles umzustellen, fang genau hier an.


